Leserbrief

(Andre Bronswyk, GM im United-Omega)

Betr. den Kommentar von Mike Merten zu meinem "Die Zeit hätte jeder gehabt":

Ich muß wieder einmal eine unglückliche Formulierung von mir geraderücken, ich meinte natürlich nicht die fünf Stunden, die ich damals in mein Schreiben investiert habe. Vielmehr wollte ich mit meinen Worten ausdrücken, daß man in weniger als einer Stunde eine ganze Seite schreiben kann. Deshalb müßten m.E. viel mehr Leute Zeit für einen (auch kurzen) Leserbrief haben, als die wenigen (meist gleichen) Leute, die zur Zeit öfter mal einen schreiben. Ich finde halt, wenn ich mich schon mit Michael Schröpls hervorragender Arbeit bereichere, dann kann ich mich zumindest dadurch revanchieren, daß ich ihm einen Leserbrief schicke, denn gerade das wünscht sich Michael doch. Dabei ist es auch unwichtig, ob man positiv oder negativ schreibt; Hauptsache, der werte Herausgeber erhält überhaupt Reaktionen auf sein Heft, stimmt's, Michael?

Ja, ja, ja! Der Säzzer.

Zum Artikel Sing Sing und die Folgen:

Wie ich schon letztes Mal schrieb, hat mir die Story über das Leben der Sing Sing Allstars sehr gut gefallen, ohne daß ich mir darüber Gedanken gemacht habe, ob ich Dein Verhalten verwerflich finde oder nicht.

Wenn Du weiterspielen und versuchen würdest, den Verein komplett zu sanieren, dann wäre natürlich alles in Ordnung. Da Du aber aussteigst, bleibt doch ein bitterer Nachgeschmack zurück. Wenn Du sowas in United-Omega gemacht hättest, wäre ich vermutlich sauer geworden und hätte das vielleicht auch "zum Kotzen" gefunden wie Herbert Stumpe.

Andererseits ist es m. E. in einer Liga, in der es kein absolutes Topteam gibt, nur dann möglich, mit hoher Wahrscheinlichkeit um die Meisterschaft mitzuspielen, wenn man auf Kosten der Altersstruktur spielt und sich darauf einstellt, in der folgenden Saison bestenfalls Siebter oder Achter zu werden. Und das ist mit Sicherheit nicht verwerflich, denn einmal Erster und einmal Achter ist doch besser als ewiger Zweiter (oder denkt da jemand anders drüber?).

Der Fall von Sing Sing liegt aber natürlich anders, das ist irgendwie nicht okay so. Je länger ich aber darüber nachdenke, um so eher muß ich zugeben, daß ich vielleicht sogar genauso gehandelt hätte wie Du (Asche über mein Haupt...).

Die Motive, warum ich United spiele ...

... sind verdammt schwer zu formulieren. Am besten beschreibe ich mal, wie ich auf United gestoßen bin.

Auf den SPIEL-Tagen 1987 in Essen investierte ich eine Mark in das Heft PBM'87, worin ich eine Beschreibung von United fand. Ich war sofort Feuer und Flamme, da ich einer der vielen Tausend Fußball-Verrückten in diesem Lande bin. Außerdem bin ich hier in Dortmund in einer der verspieltesten Fachschaften der Welt - ich bin immer wieder erstaunt, wieviele Menschen mit "Ach, Du bist einer dieser verrückten Spiel-Fanatiker!" reagieren, wenn sie erfahren, daß ich Statistik studiere. So kam es, wie es kommen mußte, ich bestellte mir bei Lukas Kautzsch eine United-Regel und fand innerhalb eines Tages 12 Manager, die United kennenlernen wollten. An dieser Entstehung von United-Omega sieht man schon, daß ich United in erster Linie als Fußball-Simulation sehe, was sich ja auch schon in einigen Diskussionen im United-Forum niedergeschlagen hat.

Warum nun aber United und nicht z. B. Soccer League? Letzteres halte ich für eines der besten komplexen Spiele, die es überhaupt gibt. Aber genau da liegt das Problem, Soccer League ist so komplex, daß ich für eine Zugabgabe immer ca. fünf Stunden benötigt habe. United läßt sich dagegen innerhalb von zehn Minuten erledigen, wie ich in Oberfoul festgestellt habe. Vermutlich wurden meine Dummvögel deshalb nach nur einer Saison wieder aufgelöst ... Ganz anders aber meine weiteren Vereine, bei denen ich für eine Zugabgabe immer ca. eine Stunde benötige.

Im Rasenschach bin ich in der ersten Saison Meister geworden mit immerhin 9 Punkten Vorsprung vor dem Zweiten; momentan sieht es aber weniger gut aus, nach 6 Spielen nur Neunter mit 4:8 Punkten - verdient hätte ich freilich schon mindestens 8:4 ...

Im Sportkurier habe ich einen sehr guten Verein in der zweiten Liga übernommen und hatte wenig Mühe, aufzusteigen, was aber noch ein Verdienst meines Vorgängers war. Hier bin ich jetzt nach 8 Spieltagen auf Platz 4.

Im Spielättchen habe ich in der 4. Liga einen ziemlich verkorksten Verein übernommen, zumindest erschien es mir so. Dort habe ich sehr viel Zeit hineingesteckt, um durch private Handel etwas zu verbessern, und es hat sich gelohnt: Sofortiger Aufstieg (wenn auch erst nach 2 Relegationsspielen) und derzeit in der 3. Liga nach 10 Spieltagen Tabellenführer mit bereits 4 Punkten Vorsprung.

Auch im Veni Vidi Vici begann es sehr gut für mich: Gestartet in der neu gegründeten 3. Liga mit T nT 0 und A nT 0 (ich war noch nicht so erfahren) erwarb ich in der 1. Runde aus dem GM-Angebot einen A II 7. Nachdem der A nT 0 durch Unkenntnis der Regel zur Transferliste in die Nicht-Liga wanderte, konnte ich zum Glück ein Feldtalent erwerben. So trainierte ich 4 Talent-WP hinauf und wurde Meister. Die nächste Saison in der 2. Liga begann auch sehr gut, wieder konnte ich in der ersten Runde einen A III 7 kaufen und lag nun um ca. 17 WP über dem Durchschnitt der Liga. Danach aber wurde ich gnadenlos zu Tode gewürfelt - hätte ich doch schon damals die Berechnungen zur Härte gekannt, die Michael inzwischen durchgeführt hat! Doch so nahm das Unheil seinen Lauf. Zunächst waren es nur einige unglückliche Punktverluste, aber dann kam die Trauerrunde: In drei Spielen mit jeweils Härte 3 gabe es jedesmal eine rote Karte, u. a. für meinen gerade frisch getauschten A II 9, ich flog aus dem Pokal und rutschte in der Liga auf Platz 5 ab. (Platz 4 reichte zum Aufstieg wegen einer Neustrukturierung.) In der nächsten Runde konnte ich dann im Heimspiel mit nur 9 Spielern (ohne Ausputzer) zwar ein 0:0 erreichen - ich hatte gestürmt (!!!) -, aber schon eine Runde später kam der endgültige K.O.. Im entscheidenden Spiel gegen den Viertplazierten spielte ich Härte 6 (und zwar in einem United3-System), was auch prompt bestraft wurde: 1 gelbe und 3 rote Karten, darunter der Ausputzer in der 2. Minute. Ich verlor nicht nur das Spiel mit 5:0, sondern durfte danach mit 7 Spielern antreten ...

Inzwischen dürfte jeder Leser gemerkt haben, daß mir United auch aus einem Grunde Spaß macht, den schon Michael im vergangenen Heft genannt hat; ich glaube, ich kann United schon ganz gut. Allerdings habe ich auch noch eine Mannschaft, mit der ich zur Abwechslung mal hochgewürfelt wurde: die Meerschweinchengang in der CFL-Post führt momentan die Tabelle der 1. Liga an, woran jedoch der Würfel und meine Vorgängerin schuld sind. Übernommen habe ich den Verein als Vizemeister, der jedoch auf den Meistertitel gespielt und die Altersstruktur vernachlässigt hatte. Um so erstaunlicher für mich, jetzt das WP-stärkste Team der Liga zu haben!

Irgendwie stelle ich gerade fest, daß ich nur aus meinen Erinnerungen schwafele statt zu schreiben, warum ich United spiele. Vielleicht liegt es an dem einfachen Spielprinzip 'Stein-Schere-Papier-Brunnen', denn United ist nichts anderes als genau dieses alte Spiel mit anderem Gewand und einem kleinen Unterschied, der jedoch entscheidend ist: Hier kann das Papier die Schere ab und zu mal schlagen und dafür gegen den Stein verlieren, und genau das ist ein weiterer Reiz von United! Genau wie in der Realität gewinnt eben nicht immer der Stärkere, sondern auch mal der David gegen den Goliath, so daß man immer wieder hoffen kann, einen unerwarteten Punkt zu holen, bzw. befürchten muß, einen sicher geglaubten Punkt abzugeben.

Nichtdestotrotz haben Michael und ich noch etwas gemeinsam: Mir macht das GMing ebenfalls mehr Spaß als das Spielen - warum das so ist, weiß ich selbst nicht so genau.

Und zuguterletzt: United ist tatsächlich eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben, und darum werde ich es vermutlich in meinem Leben nicht zu sehr viel bringen (finanziell gesehen), aber es gibt für mich trotzdem noch wichtigere Dinge: An erster Stelle steht die Musik, ohne die ich nicht leben könnte, und an zweiter Stelle folgen die Beziehungen zu meinen Mitmenschen. (Das nur mal so am Rande.)

So viel Musik, wie ich gerne hören (und machen) würde, schaffe ich heute längst nicht mehr. Leben tue ich dennoch - irgendwie geht es halt auch, wenn man sich einschränken muß.

An United mag ich derzeit am meisten, daß ich ein schönes Teams haben kann (gemessen in Handelswert), auch wenn es deswegen nicht gleich Meister werden muß. Die neu aufgebauten Phantasten in TDD stehen mit einem Handelswert (X I 10 = 3000) von 16700 kKj noch ganz am Anfang; die Avantgarde Dreamers haben mit je 30 WP Alter I und II (brrr...) nach dem Einspielen der Talente bereits einen Handelswert von fast 18 Millionen (das ist mehr als der FC Stan Dard mit 60 WP Alter I), Lemland Soccer hat nach seinem kläglichen Abstieg aus der 1. Liga immer noch 20.5 Millionen Handelswert, und der SV Rasenschach 1934 lauert mit 23800 kKj Handelswert gierig auf die nächste Saison (dieses Jahr war eben einer noch besser...)

Außerdem schwafele ich auch ganz gerne aus meinen Erinnerungen. Das abschreckende Beispiel, wie dieser Michael Schröpl im Jahre 1983 seine erste United-Mannschaft aufgebaut hat, sollte ich eigentlich in jedem Heft wiederholen: T nT 0, A I 7, V I 3, V I 7, M I 7, M I 7, M I 8, S I 6, S I 6, S I 1, S I 1. Toll, was? Immerhin wurde dieser Schrotthaufen (Lemland Soccer) in seiner 2. Saison bereits Vizemeister - damals gab es noch Privaten Handel in Reinkultur...