Sing-Sing und die Folgen

(Michael Schröpl)

Im letzten Heft habe ich die 'Geschichte' meines ehemaligen United-Vereins The Sing Sing Allstars Unlimited in einem längeren Artikel beschrieben. Dieser Artikel unterscheidet sich in mehreren Aspekten von allem, was ich bisher im United-Forum so veröffentlicht habe.

Zunächst einmal ist er frei von irgendwelchen abstrakten mathematischen Formeln und beschreibt das Leben einer realen United-Mannschaft in einem realen Ligasystem. Leser, die bisher über den trockenen Stil des Herausgebers geklagt haben, sind aufgefordert, sich zu äußern, wie ihnen eine solche United-'Story' gefallen hat und ob so etwas im Rahmen dieser Zeitschrift weiterhin gewünscht wird (wenngleich ich nicht sicher bin, ob ich derartig intime Details von allen meinen Mannschaften hier öffentlich ausbreiten will).

Der Hauptaspekt, den dieser Artikel allerdings bezwecken sollte, war die Provokation einer Diskussion unter Managern und Spielleitern darüber, wie sie zu meinem Verhalten in dem geschilderten Fall stehen. Klarstellen möchte ich hierbei, daß weder der Spielleiter noch die Manager der Vereine bis zum letzten Moment etwas von meinen beabsichtigten Ausstieg gewußt haben (ab wann der GM Frank Altpeter eingesehen hat, daß ich nicht mehr beabsichtigte, den Scherbenhaufen zu sanieren, vermag ich allerdings nicht zu beurteilen).

In diesem Sinne habe ich also eine ganze Saison lang 'gegen den Spielleiter' gespielt. Nun, dem GM selbst entstand durch mein Vorgehen keinerlei Schaden, außer daß in der 1. Liga ein Verein aufgelöst werden mußte und das Auf- und Abstiegsgeschehen des Ligasystems insgesamt um einen Platz verschoben war. Da aber die Auflösung von Sing-Sing zufällig mit den Reorganisation des gesamten Ligasystems in nun 6 Ligen zu je 10 Vereinen zusammentraf, wobei ohnehin die geplante Auf- und Abstiegsregelung kaum mehr Gültigkeit hatte, kann sich niemand benachteiligt fühlen - im Gegenteil: Es wurde ja noch zusätzlich ein Aufstiegssplatz frei.

Die einzigen Manager, die sich eventuell über mein Verhalten hätten aufregen können, wären meine direkten Konkurrenten im Kampf um Meisterschaft und Pokal. In gewisser Weise habe ich mir ihnen gegenüber einen 'unfairen' Vorteil verschafft, da ich eine Mannschaft zusammengestellt hatte, die für einen Verein, der auch im nächsten Jahr noch in der 1. Liga überleben will, undenkbar erscheint. (Ich weiß übrigens nicht, mit welchen Mitteln mein Konkurrent Don't Panic die Meisterschaft gewonnen hat - ich würde ihm dasselbe Verfahren wie meines - er spielt allerdings weiter - aber nicht übelnehmen.)

Prinzipiell geht es bei der Beurteilung meines Verhaltens darum, ob einem Manager bzw. Spielleiter mein Verhalten gefällt oder zumindestens tolerierbar erscheint. Die grundlegende Frage lautet: Soll so etwas im Rahmen von United erlaubt sein? Oder gehört es zum guten Ton, daß man so etwas 'nicht tut'? Ich habe bewußt mein eigenes Beispiel zuerst geschildert, um eine entsprechende Diskussion anzuleiern. Das zwangsläufig nächste Beispiel sind die in diesem Heft geschilderten Bargeldmodelle, und als drittes Kapitel sollten dann die sogenannten 'Pfuschhandel' folgen. Ich bin gespannt, inwiefern man diese verschiedenen Abweichungen' vom 'normalen' Weg, United zu spielen, unterschiedlich beurteilen wird.

Interessanterweise hat mich gestern der Spielleiter Frank Altpeter angerufen und einerseits das Abdruckrecht für die Sing-Sing-Story in der Rundschau erbeten sowie andererseits mir (ich zitiere wörtlich, obwohl es mir die Schamesröte auf die Wangen treibt) wegen meiner "Verdienste um United in der Rundschau" ein kostenloses Frei-Abo seines Zines auch nach meinem Ausstieg angeboten. (Ich bin gespannt, ob er dieses Angebot nach der Lektüre dieses Artikels zurückziehen wird!)

Die beiden Stimmen von Lesern (beides GMs) bezüglich meines Verhaltens, die ich bisher schriftlich erhalten habe, klingen dagegen wie erwartet negativ:

Dürfte ich denn nach diesem 'Sündenfall' bei Dir, Herbert, noch in United mitspielen, oder bin ich nun bereits eine 'unerwünschte Person'?

Was ich im Rahmen der folgenden Diskussion unter anderem auch gerne ergründen möchte, sind die Motive von Managern, die United spielen. (Über die Motive von GMs, die United auswerten, können wir ein andermal sprechen - mir macht mein GMing inzwischen mehr Spaß als das Spielen, ähnlich wie mir bei Rollenspielen das GMing mehr Spaß als das Spielen macht). Dazu muß sich jeder angesprochene Leser allerdings erst einmal selbst darüber Gedanken machen, was ihn eigentlich an United fasziniert; Äußerungen wie "United ist echt geil" sind mir eine Kleinigkeit zu unspezifisch.

Natürlich muß ich jetzt erst mal einigen Lesern die Angst nehmen, sich zu äussern: Ich selbst hätte derzeit auch Schwierigkeiten, konkret in Worte zu fassen, was denn an United so toll ist - eines der Argumente, die für mich wichtig sind, ist aber (abgesehen vom konkreten Spielmechanismus) auf jeden Fall, daß ich United ziemlich gut kann. Spiele, in denen ich keinen Plan habe, machen mir normalerweise recht wenig Spaß, es sei denn, sie faszinieren mich irgendwie so sehr, daß ich mich dann richtig hineinknie. Solche Spiele kann ich klassifizieren - ich werde dies später in einem eigenen Artikel tun.

Wenn sich die Leser darüber im Klaren sind, was sie selbst von United erwarten, dann können sie vermutlich etwas objektiver gegenüber anderen Idealen bezüglich United urteilen. Ich habe mit Sing-Sing tatsächlich einfach eine Saison lang nur 'meinen Spaß' haben wollen. Das soll aber nun nicht heißen, daß ich mich in Zukunft in neuen Ligasystemen anmelde, einen Standby-Posten in der 1. Liga übernehme und die Mannschaft derartig ruiniere, daß sie wieder eine Saison lang gut und dann kaputt ist.