Härte - schon wieder!

(Michael Schröpl)

Mein Artikel über Härte und deren analytische Aspekte hat bei Martin Ahlemeyer eine Reaktion hervorgerufen, mit der ich nicht gerechnet hätte. Das hat mich motiviert, wieder ein paar neue Dinge auszuprobieren.

Das Härte-Analyse-Programm

Martin hat sich eine Menge Zeit genommen und ein Programm geschrieben. Dieses Programm kann eine Oberfoul-Härtematrix einlesen (und erstellen) und daraus eine Reihe von Kennwerten berechnen:

  1. Die gesamte Liste aller Strafen-Verteilungen, die ich im letzten Heft per Hand hergeleitet hatte.
  2. Die Verteilung der Wahrscheinlichkeiten für alle Straf-Ereignisse für eine einzugebende Anzahl von (wahlweise) Strafen oder Härtepunkte. Dabei kann noch angegeben werden, wieviele Spieler mit Härte verbessert wurden und ob auch dem Torwart Härte zugeteilt wurde.

Die Menge der Ereignisse (Kombinationen von Anzahlen Gelber / Roter Karten) wird getrennt für die beiden Gruppen von Spielern mit bzw. ohne Härteeinsatz ausgegeben. Ohne eingehendes Studium der verwendeten Formeln vermag ich aber nicht zu sagen, inwiefern man daraus Zahlen für einen einzelnen Spieler gewinnen kann. Ich kann berechnen lassen, wie hoch die Wahrscheinlichkeit für den Platzverweis des mit Härte 6 allein verbesserten Torwarts bzw. Ausputzers ist (nach Oberfoul-Standard-Tabelle 4.6528% für den T bzw. 5.4723% für den A); was das Programm mir nicht sagen kann, ist, ob ich bei irgend einer Anzahl von Härte-WP diese Wahrscheinlichkeit dadurch verringern kann, daß ich einen zusätzlichen WP in meine stärkste Reihe einsetze (das Programm sagt nur, wie hoch die Wahrscheinlichkeit ist, daß dann irgend einer der nun 6 gleich zu behandelnden Spieler rausfliegt). Die Gesamtwahrscheinlichkeit, ohne einen Platzverweis davonzukommen, sinkt bei dem angegebenen Beispiel (Härte 6 auf T bzw. A) von 83.2% auf 75.0% - vielleicht ist mir ein anderer Platzverweis aber ziemlich egal? Martin wird diese Zeilen lesen - ich warte gespannt auf seine Reaktion.

Ein paar Zahlen sind mir allerdings als sehr interessant aufgefallen. Da das Programm die Strafen bei festem Härteeinsatz für jede Verteilung der Härtepunkte auf Spieler der Mannschaft berechnen kann, habe ich mir die entsprechenden Zahlen genauer angesehen. Grundsätzlich kann man sich dabei folgendes leicht merken:

Die Menge an Zahlenmaterial, die das (schön zu bedienende) Programm wahlweise auf Drucker oder Bildschirm (leider nicht in eine Datei zum Weiterverarbeiten) ausgeben kann, erschlägt den Benutzer zunächst einmal. Mir brachte das Programm hauptsächlich die Kontrolle, daß meine manuell gewonnenen Zahlen richtig waren. Ich könnte nun eine neue Härte-Matrix eingeben und die entsprechenden Werte berechnen lassen. Damit könnte man eine Matrix erstellen, die die United3-Regel besser simuliert. Dieses Unternehmen stelle ich aber erst einmal zurück, denn ...

Die Wirkung von Härte

... neben der Diskette mit diesem Programm habe ich von Martin auch den Hinweis erhalten, daß meine Berechnungen bezüglich der zusätzlichen Netto-WP nach Härte-Einsatz einen strukturellen Fehler enthalten, der die Ergebnisse etwas verfälscht.

Im letzten Heft hatte ich einen Elfmeter als 2.4 Torchancen bewertet und dies auf die Behauptung gestützt, daß eine 'normale' Hintermannschaft (z. B. T8-A8) jeden 4. Schuß durchlasse. Betrachten wir dies einmal genauer.

In erster Näherung seien T und A gleich stark (Abweichungen hiervon später). Nun folgt eine kleine Tabelle, die angibt, wieviele Chancen bzw. Elfmeter pro Tor gegen die besagten Hintermannschaften benötigt werden:

Stärke:012345678910
Chancen:1.0001.1541.3461.5911.9092.3332.9173.7505.0007.00010.500
Elfmeter:1.0001.0531.1111.1761.2501.3331.4291.5381.6671.8182.000
Quotient:1.0001.0961.2121.3521.5271.7502.0422.4383.0003.8505.250

Tja, den Quotienten 2.4 gibt es sehr wohl in dieser Tabelle - aber nicht etwa bei der Hintermannschaft T8-A8, sondern bei der Hintermannschaft T7-A7! Daraus folgt, daß das gesamte Zahlenmaterial aus dem letzten Heft eher für Mannschaften gültig ist, die ein wenig schwächer als angenommen sind.

Wenn die bisherige Annahme, alle Spieler seien gleich gut, aufrechterhalten wird, dann wären das Teams mit 13*7 = 91 WP, was etwa einem Ligasystem mit nur 10 Teams oder nur 1.5 Basis-WP entspricht (siehe FC Stan Dard/1.5). Der Netto-Anteil derjenigen WP, die nach dem Einsatz von Härte tatsächlich effektiv mehr auf dem Platz stehen, hängt (nach der bisherigen Annahme) sowohl von der Stärke eines eventuell vom Platz gestellten Spielers ab als auch von der Menge der in WP zurückübersetzten Elfmeter-Gefahr. Während die erstgenannte Abhängigkeit eine lineare ist (zwischen Stufe 7 und 8 als Teamdurchschnitt ist Härte um einen Faktor 9/8 = 1.125 schlechter), haut die sich gegenseitig aufschaukelnde Hintermannschaft gerade bei den hohen Stufen wesentlich schlimmer rein (zwischen Stufe 7 und 8 mit einem Faktor von fast 1.25!).

Revidiertes Zahlenmaterial

Rechnen wir die Ergebnisse des letzten Heftes nun auf die korrekte Basis um, wobei ein Elfmeter nun nicht mit 4, sondern mit 5 WP bewertet wird.

Bei beiden Systemen (in denen Elfmeter ja gleich behandelt werden) flachen sich die Kurven der gewonnenen Netto-WP nun um 0.1 WP pro eingesetztem Härtepunkt ab:

Härtepunkte:12345678910
EW (Rot):0.0000.0100.0200.0580.0960.1480.2570.3700.5090.678
Rot-Strafen:0.0000.0450.0900.2610.4320.6661.1571.6652.2913.051
Elfmeter:0.5001.0001.5002.0002.5003.0003.5004.0004.5005.000
WP-Gewinn:0.5000.9551.4101.7392.0682.3342.3432.3352.2091.949

Na hoppla! Was haben wir denn da? Der positive Effekt von Härte 10 im laufenden Spiel ist bei einer Hintermannschaft von T8-A8 geringer als bei Härte 5! Na, das ist ja beeindruckend. Die Elfmetergefahr frißt bei einer solch guten Hintermannschaft glatt die Hälfte des positiven Effektes wieder weg, und die Gefahr von Roten Karten (die bei hohen Härtestufen enorm zunimmt) tut ein übriges, um vom Prügeln abzuschrecken.

Folgerungen

Angenommen, die Diskussion erbringt keine wesentlichen neuen Erkenntnisse mehr. Dann würde mir die Original-Härteregel (trotz ihrer schrecklichen Streuung) für die Manager inzwischen handhabbarer erscheinen als die von mir 'intuitiv' erfundene DI-Matrix von AUFSTIEG. Es mag ja ganz nett sein, aufgrund dieser Berechnungen (wenn sie denn stimmen) zu erkennen, daß Härte 6 und mehr einfach Unfug sind. Aber die direkt proportionale Wirkung der Originalregel ist doch auf jeden Fall etwas, was ein Manager sofort begreift und (ohne mathematischen Ansatz) auch intuitiv als gegeben annimmt.

Sollte ich also die Zeit finden, eine neue DI-Matrix für mein Ligasystem zu entwerfen, dann würde ich mich bemühen, die Netto-Wirkungskurve einer Geraden anzunähern. Es dürfte klar sein, daß der Anteil des Netto-WP- Verlustes, der durch die Elfmetergefahr hervorgerufen wird, ein linearer Anteil ist, und die Steigung dieser Geraden durch die Kombination von T und A des betreffenden Modell-Teams bestimmt wird. Ziel wird es also sein, eine Härtematrix zu entwerfen, die ebenfalls einen nahezu linearen Gefährdungsfaktor proportional zur Anzahl der eingesetzten Härtepunkte enthält.

Das allein reicht jedoch noch nicht, um jede Härtestufe gleich attraktiv zu machen, denn die Anzahl der Gelben Karten wurde bisher in den gesamten Überlegungen überhaupt nicht berücksichtigt, und würde tatsächlich eine rein lineare Netto-WP-Wirkung vorliegen, dann sollte man zur Erzielung des maximalen Effektes beim Härteeinsatz die eingesetzten Punkte so verteilen, daß möglichst wenige Gelbe Karten anfallen (z. B. könnte das einen konstanten Einsatz von Härte 4 in jedem Spiel bedeuten). Und Teams ohne gute Ersatzbank könnten hohe Härtestufen nur eingeschränkt nutzen, weil bei ihnen die anfallenden Sperren einen zusätzlichen Schaden anrichten. Irgendwie muß Härte 10 also etwas überproportional mehr Netto-WP bewirken als Härte 4, sonst verwendet niemand so viele Härtepunkte.

Was mir dabei noch völlig unklar erscheint, ist die wünschenswerte Steigung einer solchen Gerade (wobei ich die Hintermannschaft von T8-A8 als die für mein 12er-Ligasystem mit 2 Basis-WP typische Hintermannschaft ansetzen würde - jeder andere GM mag andere Ansätze verwenden wollen). Soll Härte dabei wirksamer oder weniger wirksam als bisher werden? Ich bin mir dessen im Unklaren. Zu gut darf Härte nicht werden; das würde es verbieten, mit nur 11 Spielern zu altern, was viele Manager sinnvollerweise anstreben. (Ist das aber realistisch, Leute?)

Ein paar Extremfälle

Der Erwartungswert beim Einsatz von Härte sollte allerdings auf jeden Fall positiv sein, was er bei sehr starken Teams nicht mehr ist. Bei einer Hintermannschaft von T10-A10 und einem Team von 130 WP entspricht ein Elfmeter bis zu 5 Torchancen, also mindestens 7-8 WP, weshalb hier die Elfmetergefahr schon 70-80% der Netto-WP frißt und die Gefahr eines Platzverweises weitere 55% (Stufe 10 des eliminierten Spielers in der 45. Minute, plus 10% Zuschlag für den Ausputzer). Das sind zusammen etwa 130% des positiven Effektes an Verlust - also Finger weg von Härte, wenn man hinten 'dicht' ist! Auch bei einer schwächeren Feldmannschaft als 130 WP bleibt die Bilanz negativ, weil die Elfmeter viel heftiger zu Buche schlagen als die Differenz zwischen einem 8er und 10er Spieler, der vom Platz fliegt (im Schnitt auch noch mit nur halber Stärke).

Umgekehrt kann Härte ganz toll sein, wenn man eine neue Mannschaft aufgebaut hat, im Idealfall 60 WP Alter I ohne Hintermannschaft. Eine solche Mannschaft verliert bei einem Platzverweis im Schnitt nur 6 WP, nach United3 also 6 * (45/90) * 0.075 = 0.225 WP pro eingesetzten Härtepunkt. Falls auch der Gegner keine Hintermannschaft besitzt, ist eine Torchance ein Tor, ein WP ebenfalls (wenn man ihn in den Sturm stellt). Jeder Elfmeter schluckt genau einen WP, die Elfmetergefahr also nur 10% des Nutzeffektes. Insgesamt bleiben in diesem Falle also satte 67% der eingesetzten WP als Netto-Gewinn übrig - ja, Härte ist doch etwas Feines, wenn man richtig mit ihr umgeht! Das Problem ist hierbei allerdings, daß eine solche Mannschaft keinerlei Ersatzspieler besitzt und die bisher nicht berücksichtigten Langzeitsperren voll reinhauen. Ein Neu-Team sollte sich also schnell zwei bis drei Versagerspieler (Stufe 4-5 Alter Scheintot) kaufen, damit bei einer Sperre eines Stars nicht 10, sondern nur 6 WP ausfallen.

Fehlen noch die Standardfälle T6-A10 und T10-A6. Im ersten Falle gehen 40/210 Torchancen und 70/100 der Elfmeter rein; ein Elfmeter entspricht also hier 70 * 210 / 4000 = 3.675 Torchancen oder umgerechnet etwa 5-6 WP. Damit frißt die Elfmetergefahr ca. 55% des Härtenutzens, die Rot-Gefahr (immer in United3 gerechnet) gut 40% - übrig bleibt fast nichts. Ist dagegen der Torwart besser, dann werden 36/210 Chancen und nur noch 50/100 Elfmeter verwandelt; ein Elfmeter ist nur noch 50 * 210 / 3600 = 2.91 Torchancen oder 4-5 WP wert, was wenigstens ca. 10% der Härte-Wirkung übrig läßt.

Interessant sind auch die Situationen, wenn ein Talent in der Hintermannschaft eingespielt wird (nehmen wir mal an, der andere Spieler sei Stufe 10): Wird ein Torwart eingespielt, dann gehen 70/210 Chancen, aber alle Elfmeter rein (1 Elfmeter = 3 Chancen = 4-5 WP, und wenig Härte-Nutzen bleibt übrig); ist ein neuer Ausputzer fällig, dann muß der Torwart nur 60/210 Chancen und 50/100 Elfmetern passieren lassen (1 Elfmeter = 1.75 Chancen = 2.5 WP, von den Härte- WP bleiben über 30% übrig - sogar noch mehr, wenn das Team wegen der eingesetzten Talente schwächer ist). Daß der Unterschied so kraß ist, hätte ich nicht gedacht.