Leserbrief

(Herbert Frohn)

Auch ich kann nicht verstehen, wie man versuchen kann, aus einem Spiel wie United jeden Zufall herauszunehmen. Ich kann dem Leserbrief von Detlef Kamlah nur voll zustimmen. Es ist wirklich nur ein Spiel, das einfach Spaß machen soll. Ich weiß nicht, warum jemand, der gar keinen Zufall haben will, überhaupt United spielt, denn der kann sich ja auch gleich ein Buch mit mathematischen Rätseln kaufen. Aber das wird für mich wohl immer so unbegreiflich bleiben wie die Tatsache, daß es 'Spieler' gibt, die die Golf-Züge durch ihren Computer berechnen lassen.

Ich glaube, das kann ich nicht so stehen lassen:

Zunächst einmal enthalten praktisch alle bekannten 'klassischen' Spiele wie Mühle, Dame, Go, Schach, (Turnier-)Bridge keinerlei Glückselement, erfreuen sich aber weltweit ungebrochener Beliebtheit. Wieso dies also ein Nachteil für ein Spiel sein soll, kann ich kaum begreifen. In verschiedenen Spielen hat das Glück einen mehr oder weniger großen Einfluß auf das Spielgeschehen, und je komplexer ein Spiel ist (und je mehr Aufwand ein Spieler für seinen Zug demzufolge hat), desto schmerzlicher ist es meiner Meinung nach, wenn man dann doch wieder totgewürfelt wird. Und daß United nicht völlig trivial ist, darüber dürften wir uns doch wohl inzwischen einig sein, oder?

Bei einem 'kleinen' Spiel wie Turnierfußball schadet die Würfelei (die ich durch die riesige Anzahl von Spielen auch noch in Grenzen halte) dem Mechanismus gar nicht; dennoch verwende ich selbst für meine Teams im Amtsblatt-Turnited Rechnerunterstützung.

Wenn man die Programme nun mal hat, dann kann man den Rechner ja einfach mal fragen: "Wie gut ist denn 10-10-30-30-10 gegen 0-10-18-18-54?" Per Hand komme ich sofort auf 6:16 Torchancen bei fast viermal besserer Hintermannschaft, also etwa 2.0 : 1.5 Tore - aber wie gut ist denn das nun genau? Der Rechner spuckt nach Sekundenbruchteilen die Antwort "50.395% - 22.820% - 26.785%" aus; nun weiß ich, daß ich immerhin doppelt so oft gewinnen wie verlieren werde. Außerdem kann ich natürlich ausrechnen, wohin ich meine paar Härtepunkte am besten stellen sollte (wenn nicht die Gefahr für Elfmeter überhaupt schlimmer ist als der erzielbare Vorteil) und ähnliche Details.

Die Golf-Programmentwicklung, die ich als Erfinder der derzeit in Deutschland verbreiteten Regelfassung im Amtsblatt forciert habe, hat nicht nur ein Auswerteprogramm gebracht, das für Dutzende von Spielern automatisch optimal einlochen kann (armer GM, der das per Hand nachrechnen muß - ich weiß, wovon ich rede!), sondern eben auch dem Spieler zeigt, was er alles tun kann.

Ganz nebenbei berechnet das Programm in Sekundenbruchteilen den Erwartungswert für das Einloch-Ergebnis, nach jedem vorgenommenen Schlägerwechsel einzeln, so daß der GM nicht nur sieht, wie sehr einem Spieler sein Wechsel genutzt hat, sondern in der Auswertung auch noch eine Liste findet, wie das Turnier ausgegangen wäre, wenn überhaupt nicht gewürfelt worden wäre, sondern jeder Spieler seine durchschnittliche Anzahl von Schlägen verwendet hätte. Damit bekommen auch die Spieler ein Maß für die 'Güte' ihres Zuges - wenngleich (derzeit) diese theoretischen Ergebnisse sich nicht auf den Stand des Spieles auswirken. (Aber warum eigentlich nicht mal eine würfelfreie Golf-Liga?)

Turnited und Golf spiele ich als 'Teamspiel' von Mensch und Rechner: Der digitale Sklave tut, was ich ihm sage, und ich ziehe dann die Konsequenz aus diesen Ergebnissen. In Turnited bedeutet dies: ich wähle die Aufstellung, die gegen die von mir vermuteten zwei oder drei häufigsten Gegner die höchste Summe an Siegwahrscheinlichkeit aufweist; in Golf wähle ich diejenige Anzahl von Schlägerwechseln aus meinem angesparten Kontingent, die besonders attraktiv aussieht im Vergleich zum besten vom Programm gefundenen Zug (alle möglichen Züge durchzurechnen dauert leider auch auf dem Atari noch mehrere Monate, fällt also aus).

Thomas Milbredt hat mehr als ein halbes Jahr lang sein Golf-Programm die Züge machen lassen und die Rangsliste im Amtsblatt fast permanent angeführt - weil er auch ziemlich oft glücklich gewürfelt hat. Mir wäre diese Einstellung auf die Dauer auch zu extrem. Aber wenn man schon so eine Kiste für die Drecksarbeit hat, dann kann man die Zeit, die man beim Züge schreiben spart, ja wieder in Artikel für diverse Zeitschriften stecken (ohne daß ich hier eine bestimmte Zeitschrift nennen wollte ...) Aber auch innerhalb eines Spieles ergeben sich völlig neue strategische Möglichkeiten, wenn man das taktische Grundgerüst einmal draufhat - oder delegieren kann.

Fazit: Wenn ich in irgendeinem Spiel eine legale Möglichkeit sehe, einen guten Zug zu machen, dann versuche ich diese Möglichkeit nach Kräften zu nutzen. Weshalb auch nicht? Niemand wird mir erzählen, daß es United-Manager gibt, denen es Spaß macht, (für United-Verhältnisse) freiwillig schlecht aufzustellen, bloß weil sie z. B. die Spielweise eines realen Fußball-Vereins nachbilden wollen.