Die Zukunft des Amtsblatts liegt im Internet

(Michael Schröpl für Amtsblatt 'pz', 1998-05-27)

Lageeinschätzung

Fast 20 Jahre hat das Amtsblatt auf dem Buckel. Zuverlässig, handlich und anheimelnd altmodisch.

Viele Spieler der ersten Stunde sind nicht mehr dabei. Familie und Beruf, aber auch neue Hobbies haben sie in Beschlag genommen. Die in den letzten Jahren immer anspruchsvoller werdenden Computerspiele haben sicherlich einen Teil der pbm-Gemeinde angesprochen; Online-Spiele vermitteln ähnliche Aspekte unseres Hobbies wie das gute alte Papier-Zine, das man "auch im Zug und auf dem Klo lesen kann" (das meistgenannte Argument für diese Herausgabeform). Selbst einige alteingesessene Herausgeber der Szene haben sich auf ihr 'Altenteil' zurückgezogen.

Viele Spieler der aktuellen Jugendgeneration sind gar nicht erst zur pbm-Szene gestoßen. Einerseits sind dafür dieselben Argumente in noch stärkerer Form verantwortlich, die für die bisherigen pbm-Spieler zutreffen, da gerade die heutige Jugend schon in einer völlig anderen Medienlandschaft aufwächst als die Altvorderen des Amtsblatts. (Ich selbst habe auch gerade die Glotze laufen, während ich diesen Artikel schreibe.) Andererseits hat (nicht nur) unser Zine schon vor vielen Jahren den Bezug zur 'Basis' (etwa der TH Darmstadt, von wo über Jahre hinweg neues 'Personal' erfolgreich 'rekrutiert' wurde) verloren.
Kein Wunder, denn das Engagement, vor allem das Sendungsbewußtsein der Herausgeber und Spielleiter ist auf breiter Front zurückgegangen. Vieles wird heute nicht mehr enthusiastisch betrieben, sondern bestenfalls am Leben gehalten. Daß auf dem Stand in Essen schon seit Jahren praktisch keine Werbung mehr gemacht werden soll, weil die Herausgeber froh sind, nicht wegen neuer Abonauten noch länger im Copy-Shop zu stehen, ist bezeichnend.

So gesehen kann es übrigens durchaus sein, daß auch mein vorliegender Artikel völlig ins Leere gehen wird, weil alle anderen Ratten das sinkende Schiff bereits verlassen haben. Und ich bin gespannt, ob sich überhaupt genug Teilnehmer für das demnächst anstehende Qualifikationsturnier zur nächsten AUFSTIEG-Saison einfinden werden.
Das traditionsreiche Rhein-Neckar-Zine hat in diesem Jahr übrigens einen Schnitt von gerade mal 20 Seiten pro Heft ...

Die Nutzung von E-Mail

E-Mails der Spieler

Ein erster Anfang ist die Tatsache, daß immerhin fast alle Spielleiter des Amtsblatts schon eine E-Mail-Adresse besitzen, die auch im Heft abgedruckt wird.
Wie oft ein Spielleiter unter seiner Mail-Adresse Nachrichten abruft, ist allerdings nicht bekannt. Falls ein Spieler vor seiner Zugabgabe eine Frage an den Spielleiter hat (z. B. einen Fehler in einer Auswertung melden will etc.), kann er sich dann auf eine bekannte Höchstdauer der Reaktion verlassen?

Und darf man als Leser eigentlich aus der Angabe dieser Adressen pauschal schließen, daß man Züge auch per E-Mail abgeben darf? Meines Wissens nicht: Ich selbst habe z. B. erst kürzlich damit begonnen, mich dieser Problematik zu stellen, während meine E-Mail-Büroadresse schon seit einiger Zeit im Heft angegeben wurde. (Matthias Sachs und Michael Blumöhr erhalten immerhin bereits einen großen Teil ihrer Züge per E-Mail.)
E-Mails in gut auswertbare Züge zu verwandeln ist offenbar ein Problem, das derzeit den Spielleitern aufgehalst wird (andererseits ist rechnerlesbare Presse jedoch in den meisten Fällen viel leichter zu verarbeiten, als wenn der Spielleiter sie komplett abtippen müßte) - weshalb diese das Problem ggf. dadurch lösen, daß sie Züge per E-Mail nicht (gerne) annehmen. Meine Erkenntnisse seit der Zulassung von E-Mail-Zügen waren bisher nicht alle positiv, was im Rahmen der Testphase aber auch nicht zu erwarten war. Ich glaube allerdings, daß sich der Aufwand für mich gelohnt hat - und hoffe, daß die Spieler meiner Partien von den Ergebnissen profitieren werden.

E-Mails der Spielleiter bzw. Herausgeber

Lukas Kautzsch hat vor einiger Zeit damit begonnen, die Auswertung seines United-Zines OBERFOUL (welches in den frühen 80er Jahren als Partie im Amtsblatt entstanden war) alternativ als E-Mail in den Formaten RTF und Word6 zu verschicken; einige Abonnenten haben aufgrund dieses Services bereits den Bezug des Papier-Zines eingestellt und damit wie vom Herausgeber erhofft dessen Arbeitszeit im Copy-Shop zu verkürzen begonnen.

Die Auswertung der Melody-Partie des Rhein-Neckar-Zine wird vom Spielleiter Joachim Stehle schon seit längerer Zeit auch per E-Mail verschickt, was mir viele Vorteile bringt:

Um diesen Weg weiter beschreiten zu können, sind natürlich noch diverse Hindernisse zu überwinden. Das geht mit der Verbreitung von Heimcomputern (welches Herstellers auch immer) und Internet-Anschlüssen los und endet nicht bei der Frage eines einheitlichen Dokumentformats. Bei ersterem kann ich nur hoffen, daß der Markt das Problem dadurch löst, daß beides aufgrund einer Palette weiterer online-Dienstleistungen irgendwann eben so selbstverständlich für den modernen Haushalt wird wie ein Fernseher.

Bei letzterem sind wir selbst der Markt. Klar, ASCII-Auswertungen kann man schon heute problemlos per Mail verschicken, aber über dieses Niveau ist die heutige Textverarbeitung schon längst weit hinaus.
Die Ende Februar 1998 verabschiedete Norm von HTML 4.0 hat allerdings so viele sinnvolle neue Erweiterungen definiert (insbesondere eine klarere Trennung zwischen Strukturierungs- und Formatierungseigenschaften der Sprache), daß meine Hoffnung auf ein demnächst verfügbares, mächtiges, weltweit einheitliches Dokumentformat wieder etwas gestiegen sind - auch wenn erstmals beide Standard-Browser weit weniger als diesen aktuellen Standard abdecken (was sich aber sicherlich in wenigen Monaten ändern wird). Inzwischen beginnt sich HTML schon langsam als E-Mail-Sprache durchzusetzen, auch wenn in der Übergangsphase ältere Browser damit noch wenig anfangen können werden.

Meine sämtlichen Auswerteprogramme sind bereits seit dem letzten Winter auf die Erzeugung von HTML als Ausgabesprache umgestellt. Damit ist der Aufwand für die Erstellung einer Auswertung für mich in jeder Partie spürbar kleiner geworden, denn die bisherige Nachformatierung der ASCII-Dateien mit einem Textverarbeitungssystem entfällt völlig, und für HTML gibt es reichlich (und sogar kostenlos) einigermaßen vernünftige WYSIWYG-Editoren, die funktional nahezu dasselbe leisten wie eine Textverarbeitung. (Der allerdings kommerzielle HTML-Editor HoTMetaL 3.0, mit dem ich diesen Artikel hier gerade schreibe, hat immerhin schon mal eine eingebaute Funktion zur Rechtschreibprüfung.)
Genau so muß das sein - natürlich darf man keinen Spielleiter, der bisher seine Auswertung mit einer konventionellen Textverarbeitung erstellt, dadurch abschrecken, einen erheblichen Zusatzaufwand leisten zu müssen, um seine Auswertung WWW-tauglich zu gestalten.
So gesehen wäre die Einführung von Filtern, mit denen heutige Textverarbeitungsprogramme Dokumente bereits direkt im HTML-Format abspeichern und sogar direkt bearbeiten können, eine prima Idee, wenn die Qualität dieser Programme wenigstens etwas besser wäre. Meine beruflichen Erfahrungen mit diesem Thema in den letzten 18 Monaten lassen da gerade bezüglich Office97 noch viele Hoffnungen unerfüllt.

Die für die Textformatierung erforderlichen Elemente von HTML sind übrigens derartig leicht zu lernen und zu erzeugen, daß ich keinem Programmierer derzeit etwas anderes als Ausgabesprache empfehlen würde. Selbst der marktbeherrschende Softwarekonzern der PC-Branche setzt inzwischen mit Windows98 voll auf Web-Strukturen - diesem Trend werde ich mich nicht verweigern.

In den Jahren 1996 und 1997 leitete ich auf der Basis von direktem Briefkontakt die anonyme Gilgamesch-Discovery-Partie Externe WebSiteTHORUS. Wenn man als GM sein eigener Herausgeber ist, kann man viele schöne Dinge machen, die im Amtsblatt noch nicht möglich sind, beispielsweise große, individuelle und vor allem vielfarbige Karten für jeden Spieler beilegen - wenn man einen Farbdrucker besitzt, nicht über den Preis der Tinte nachdenkt und das Problem der Papiergröße DIN A4 für die zu druckenden Kartenausschnitte illegalerweise abstrahiert.
Für gar keinen Tintenpreis kann man diese Karten alternativ im WWW-Format, d. h. als GIF-Dateien (ca. 50-100 kB pro Zug), per E-Mail verschicken, und die Auswertungen im HTML-Format ebenfalls; genau durch diese Daten habe ich zwischenzeitlich die Papier-Auswertungen und Kartenausschnitte ergänzt. Noch sind die Bildschirmauflösungen zu schlecht, die Bildschirme zu klein und die Zoomfunktionen der Graphikprogramme zu wenig komfortabel, als daß man das Papier damit vollständig ersetzen könnte - aber ein Spieler, der unbedingt die Papier-Version haben will, kann sie sich ja ggf. selbst ausdrucken. Womit der Herstellungsaufwand dann übrigens auf diejenigen Leute verlagert wird, die ihn durch ihre Teilnahme an der Partie ja eigentlich auch verursacht haben ...

Newsgroups

Dieses Thema kann ich mangels eigener Erfahrung nur erwähnen, aber nicht selbst behandeln. Natürlich gibt es irgendwelche Newsgroups der Art alt.rec.games oder gar de.games.pbem. Es gibt ja praktisch Newsgroups über alles Mögliche.

Hat schon mal jemand versucht, sich da umzusehen? Hat schon mal jemand versucht, dort ein paar einleitende Worte, etwa eine Kurzbeschreibung unseres pbm-Modells, so wie es etwa im pbm'9x beschrieben ist, als Perlen vor die vielen Hundert Säue ('tschuldigung) zu werfen?
Ich würde mich schon sehr wundern, wenn das nicht eine hochgradig geeignete Zielgruppe für eine Verbreitung unseres Hobbies darstellen würde.

Das World Wide Web

Die Amtsblatt-Homepage

Matthias Sachs und einige andere Spielleiter haben damit begonnen, eine Externe WebSitePräsenz des Amtsblatts im Internet zu schaffen. So schnuckelig die bisherige Homepage aussehen mag, so hat dieser Schritt unsere pbm-Welt doch bisher kaum beeinflußt. Der Internet-Boom ist in Europa noch längst nicht in dem Maße ausgebrochen, wie das einige Werbestrategen behaupten:

Sicherlich, es werden einige Auswertungen präsentiert, manche Partien sind sogar permanent mit aktuellen Auswertungen vertreten. Es gibt schöne, ausführliche Con-Berichte und eine Handvoll Selbstvorstellungen; Spielleiter können sich Auswerteprogramme herunterladen. Aber das alles könnte man auch mit einem FTP-Server oder gar mit einem Freiwilligen, der Disketten per Brief versendet, erledigen. Es ist kein wirklicher Qualitätssprung, der anhand der Möglichkeiten des World Wide Web den bisherigen Papierbenutzern neue Möglichkeiten bietet.

Schon die Garantie der Verfügbarkeit aktueller Auswertungen würde in der Zukunft einige Probleme zu lösen helfen. Bei einer in einigen Jahren sicherlich problemlosen Verfügbarkeit eines Internet-Zugangs an allen zivilisierten Orten unserer Weltgesellschaft sollte es beispielsweise nicht mehr notwendig sein, aufgrund des Urlaubs eines Spielers eine Partie aussetzen zu müssen. Gerrit Roth als Teilnehmer meiner Partie MUH! konnte dies während seines Australien-Urlaubs bereits sehr schön demonstrieren.

In dieser Hinsicht ist die konkrete Art der verwendeten Technologie übrigens nebensächlich. Statt WWW erfüllt - wie oben gesehen - auch E-Mail die Funktion, weltweit auf eine in digitaler Form vorliegende Auswertung zugreifen zu können. (WWW ist halt bloß noch etwas 'buntiger und werbiger').

Abhängigkeiten zwischen Partien eines Zines

Der Herausgabezyklus des Amtsblatts ist mit der Zeit immer länger geworden. Während in der Frühphase regionale Partien im wöchentlichen Rhythmus liefen, erscheint das Heft seit einigen Jahren vierwöchentlich. Das liegt an mehreren Faktoren:

Die Bündelung aller Partien an ein gemeinsames Herausgabemedium hat also keineswegs nur die Vorteile, welche zu dieser Herausgabeform geführt haben (Rationalisierung der Arbeit bei der Herstellung und Kosteneinsparung beim Versand) - sie limitiert die Möglichkeiten von Spielern und Spielleitern in nicht unwesentlicher Weise. Dies zu ertragen waren wir bisher kritiklos gewillt, weil es an Alternativen mangelte.
Seit Jahren krankt die pbm-Szene beispielsweise an der Unzuverlässigkeit einzelner Spieler bzw. Spielleiter, welche nicht in der Lage sind, gesetzte Termine einzuhalten. Je nach Qualität der NMR-Regeln des Spiels bzw. der Toleranz des GMs oder Herausgebers kann der dadurch verursachte 'Schaden' in einer Verzögerung der Auswertung dieser Partie oder gar der Herausgabe des gesamten Heftes resultieren - so können einige wenige Schwachstellen das gesamte Gebäude unterminieren. Umgekehrt könnte ein Spielleiter direkt nach dem Erscheinen der Auswertung über eine Korrektur informiert werden, ein Zug könnte drei Tage nach ZAT bei ihm eintreffen, er könnte am Tag nach der Redaktionssitzung aus seinem Urlaub zurückkehren usw. - all dies nützt ihm gar nichts, weil er jetzt erst mal mehrere Wochen auf den nächsten Redaktionstermin warten muß, um seine Informationen an den Spieler zu bringen. Sicherlich hat manch ein Spieler aufgrund entsprechender Negativerlebnisse ein Zine oder gar die ganze pbm-Szene vorzeitig verlassen.

Ich will nun nicht den Eindruck erwecken, daß mir die Spieler mit dem Wunsch nach einem schnelleren Erscheinungsrhythmus die Bude einrennen würden. Mir geht es lediglich darum, daß die grundsätzliche Festlegung auf einen gemeinsamen Erscheinungsrhythmus in gewisser Hinsicht von vorneherein abschreckend wirken kann. Wir können im Amtsblatt kein Spiel im 2-Wochen-Rhythmus anbieten, egal wie einfach seine Regeln wären. Auch für alle anderen Kommunikationszwecke ist das AB mit seinem 4-Wochen-Rhythmus sehr langsam. Das finde ich schade.

Schon durch den Versand von Auswertungen via E-Mail ist die Entkoppelung der einzelnen Partien möglich. Dabei entfällt der gesamte Aufwand der Papier-Herstellung, welcher die Trennung bisher verhindert hat.
Durch die Veröffentlichung der Auswertungen im WWW hingegen bleibt zusätzlich der Charakter eines zusammengehörigen Zines erhalten, welches ja bisher neben den reinen Auswertungen diverse weitere Informationen (Amtliches, Eröffnungen, Spielregeln, Beilagen usw.) enthält. Eine solche Bündelung ist auch absolut notwendig, damit der Pool an potenziellen Spielern nicht so klein wird, daß der Start neuer Partien dadurch behindert wird. Ganz im Gegenteil wird dieser Pool durch eine weltweite Veröffentlichung deutlich größer!

Spielregeln als Hypertext

Für viele Arten von Dokumenten ist die Art der Darstellung, wie sie im Internet üblich ist, gegenüber der Papierversion kaum von Vorteil. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Inhalt des Dokuments eine rein serielle Verarbeitung nahelegt. Einen Roman würde ich beispielsweise nur sehr ungern online lesen wollen.

Ganz anders wird die Sache, wenn der Inhalt eines Dokuments eine Zusammenhangsstruktur aufweist, die sich mit dem seriellen Medium Papier nicht mehr in eleganter Weise darstellen läßt. Verweise auf verwandte Textstellen, auf die Erklärung von Fachbegriffen, auf anschauliche Beispiele usw. sind gerade in Texten üblich, die Wissen darstellen sollen.
Das derzeit hierfür weithin verwendete System von per Maus aktivierbaren Verweisen innerhalb eines Dokuments nennt sich Hypertext und hat inzwischen in online-Hilfen zu Programmen aller Art ebenso Einzug gehalten wie im Internet, welches durch das aus solchen Dokumenten bestehende World Wide Web überhaupt erst den heutigen Bekanntheitsgrad erhalten konnte.

Von den im Rahmen der pbm-Szene vorliegenden Dokumenten eignen sich insbesondere Spielregeln sehr für die Darstellung als Hypertext. Spielregeln ähneln Gesetzestexten, verwenden definierte Fachbegriffe an vielen Stellen und sind selten sequenziell lesbar bzw. verständlich, da man oft genug die Bedeutung eines Begriffs in einem bestimmten Kontext gerne noch mal nachschlagen will, bevor man den nächsten Abschnitt lesen will. Je mehr Beziehungen zwischen den Elementen eines Regelsystems bestehen, um so mehr drängt sich die Darstellung dieser Informationen als Hypertext auf.

Genau hierfür stellt die Textbeschreibungssprache HTML einfache, aber mächtige Mechanismen zur Verfügung. Bei meinen 'kleinen' Spielen sind die Regeltexte so kurz und die Anzahl der Fachbegriffe so überschaubar, daß durch die Hypertextversion noch kein signifikanter Gewinn erzielbar ist; die Regel von Kapitalisten-Diplomacy ist mit ihren 20 Seiten und einigen hundert einzeln numerierten Absätzen schon groß genug, um durch die Hypertext-Möglichkeiten (Inhaltsverzeichnis, Stichwortverzeichnis, jede Menge Verweise auf andere Kapitel) sehr zu profitieren. An der HTML-Version der gut doppelt so umfangreichen United-Regeln arbeite ich gerade - dort wird der beschriebene Effekt in noch stärkerem Maße zutage treten. Eine Regel der Komplexität von Gilgamesch noch anders als mit Hypertextmethoden darzustellen halte ich für eine unnötige Quälerei des Lesers, dem vor lauter Blättern ständig die Fingerkuppen bluten werden.

Da ein HTML-Browser demnächst zur Standardausrüstung eines jeden Rechners gehören wird und viele Spieler ihre Züge sowieso am Rechner anfertigen (sei es, um das Original zu archivieren, um den Spielleiter von der eigenen Handschrift zu verschonen oder um Hilfsprogramme bei der Zugerstellung zu nutzen), halte ich es für naheliegend, auch die Spielregeln auf dem Rechner zu halten und dabei die besonderen Möglichkeiten des Hypertextes nutzen zu können, die einem Papierleser verwehrt bleiben.

Spielregeln in rechnerlesbarer Form sind übrigens nicht nur bei der Erstauslieferung billiger, sondern noch viel mehr bei der Einführung allfälliger Änderungen! Wie lästig muß es für den Herausgeber sein, ein Regelbuch auf Papier neu herauszugeben, nur weil sich eine kleine, aber entscheidende Passage der Regeln geändert hat! Die diversen Versuche, das Problem mit Hilfe von Loseblattsammlungen anzugehen, betrachte ich mit einem gewissen Mißtrauen.
Und wie lästig ist es andererseits für den Spieler, wenn er sich die aktuelle Regelfassung aus dem Regelheft und einer Fülle irgendwo veröffentlichter Regeländerungen zusammensuchen muß! Digitalisierte Regeln sind (bei geeigneter Wartung) immer vollständig und aktuell - und als ZIP-Archiv in wenigen Sekunden aus dem Web heruntergeladen.
Sonstige Vorteile wie etwa der maschinelle Vergleich zwischen der alten und der neuen Regelversion, um auf einen Blick die vorgenommenen Änderungen erkennen zu können, sind ggf. schon eher etwas für den geübteren Rechnerbenutzer.

Multimedia

Die Auswertung der Melody-Partie des Dottendorfer Soccer erscheint (wenn sie denn erscheint ...) nicht nur im entsprechenden Heft, sondern auch auf der Homepage des Spielleiters. Dabei wird gleich noch ein Verweis auf die Spielregeln, ein Archiv früherer Auswertungen usw. mit angeboten.

Während sich Melody eigentlich mit dem Erraten von Liedern anhand einzelner Textfragmente befaßt, ist der Spielleiter hier noch einen Schritt weiter gegangen und bietet auf seiner Homepage versuchsweise auch digitalisierte Ausschnitte von Liedern zum Anhören (und natürlich ebenfalls Erraten) an, analog zu den von früheren AOU-Cons bekannten Ratekassetten. Hier ist also aufgrund eines neuen Mediums eine neue Form des Spiels entstanden, die in der Papier-Version nicht vorstellbar gewesen wäre.

Dezentralisierung

Ein Papier-Zine steht und fällt mit seinem Herausgeber. Je größer das Zine, desto deutlicher ist es von seinem Herausgeber abhängig, denn angesichts des erheblichen Aufwandes, den die Verwaltung und Produktion eines großen Zines mit sich bringt, wird es extrem schwierig werden, einen Vertreter einzuarbeiten.
Die relativ reibungslose Ablösung von Volker Schnell als Herausgeber des STABSanzeigers durch die Familie Venzmer halte ich in dieser Hinsicht für eine erfreuliche Überraschung, obwohl der Umfang des Heftes in diesem Jahr von vorher oft über 60 Seiten auf fast konstant 48 Seiten zurückgegangen ist, da Volker seine unzähligen Partien zwar noch abschließen, aber kaum mehr neue starten wird.
Christian Bien schreibt in dem gerade erschiedenen Interzine 102, wie sehr er unter dem periodischen Aufwand der Herausgabe zusammenbricht, hofft aber, sein Zine Dampfroß XXL in der neuen WWW-Fassung am Leben halten zu können.

Durch das Wegfallen eines Papierproduktionsprozesses entfällt eine der drei Stationen im traditionellen pbm-Kreislauf aus Spieler, GM und Herausgeber. Damit entfällt ein Postweg (=Zeit und Geld), vor allem aber ein zeitlicher Synchronisationspunkt und damit eine kritische Abhängigkeitsbeziehung. Die Verfügbarkeit des 'Engpasses' Herausgeber wird ersetzt durch das separate Hochladen der Auswertungsseiten auf den Zine-Rechner, im Idealfall durch jeden Spielleiter selbst - durch Upload-Formulare auf einen CGI-fähigen Webserver-Rechner wäre dies bereits heute möglich, ohne daß alle Spielleiter mehr Berechtigungen besitzen müssen, als sie für ihre individuelle Aufgabe benötigen.

Wird die Homepage des Zines sogar nur noch als Bündelungspunkt der Aktivitäten verstanden, von welchem aus entsprechende Verweise auf die privaten Homepages (welche inzwischen schon bei vielen Providern automatisch im Internet-Zugangspaket enthalten oder bei neutralen Instanzen wie GeoCities kostenlos erhältlich sind) der einzelnen Spielleiter zu deren aktuellen Auswertungen führen, dann ist die Wartung der aktuellen Partien fast vollständig entkoppelt. Der bisher allein verantwortliche Webmaster (in unserem Falle Matthias Sachs) ist in diesem Falle weitgehend entlastet und kann sich voll auf die Wartung der allgemeinen Seiten konzentrieren.

Zugformulare

Für meine Turnierfußball-Partie ZUFALL, die relativ einfache und übersichtliche Regeln besitzt, habe ich kürzlich auf meiner Homepage ein Zugeingabeformular installiert, welches mehrere Funktionen erfüllt:

Natürlich darf ein solches Formular den Spieler angesichts der aktuellen Telefontarife nicht zur Online-Zugabgabe zwingen. Das tut es auch nicht: Ein Spieler, der sich etwa die aktuelle Auswertung von meiner Homepage holt, kann mit dem ebenfalls heruntergeladenen Formular seinen Zug auf seinem lokalen Rechner erstellen und die von diesem Formulare generierte Mail verzögert absenden, wenn er sich irgendwann später einmal wieder mit dem Netz verbindet. Das Formular merkt sich übrigens die letzte Eingabe des Spielers in einem cookie (einem Teil der Konfiguration des Browsers), so daß dieser beim nächsten Zug nur die gewünschte Änderung eingeben muß.

Die Erfahrung der vergangenen AOU-Cons lehrt uns, daß gerade bei den anspruchsvolleren Spielen wie 18XY und Kapitalisten-Diplomacy der Einsatz von Verwaltungsprogrammen für den stupiden Teil der Auswertung inzwischen gang und gäbe ist. Bisher ist die Bedienung solcher Programme einem Spielleiter bzw. einem besonderes geübten Anwender vorbehalten; ich will jetzt nichts Unausgereiftes über die nahe Zukunft der Spracheingabe bei PCs schwafeln, aber ich hoffe insgeheim, daß die Schwelle von Otto Normalspieler zur Rechnerbenutzung in den kommenden Jahren schneller abgebaut werden kann, als wir alle uns das heute vorstellen können. (Letzte Woche fing die Werbung von IBM über das Spracheingabeprogramm für DM 199.- an ...)

Der volldigitale Spieler

In den vergangenen Jahren ist die Entwicklung des Auswerteprogrammes UNITED/XY nur noch in kleinen Schritten vorwärtsgegangen. Fast alles, was der Spielleiter für die Unterstützung seiner Auswertung benötigt, scheint bereits vorhanden zu sein.

Die letzte wesentlichen Änderung war die Definition eines intelligenten Verfahrens zur Erstellung von NMR-Aufstellungen - ein intelligentes Verfahren für das Training existiert seit 1990, ein intelligentes Verfahren für das Verhalten auf dem Spielermarkt müßte sich anhand der Erkenntnisse in Sachen RWP-Theorie definieren lassen, wenn ein Bedarf vorliegen würde.
Würde man in dieser Richtung weitergehen, käme man eines Tages zum automatisierten United-Manager, der einen Verein ähnlich effektiv führen könnte wie ein durchschnittlicher Manager. Ob dies erstrebenswert sein kann, darüber gehen die Meinungen möglicherweise auseinander; in einer Zeit, in der die Teilnehmerzahlen an pbm-Partien allgemein rückläufig sind und die Suche nach Standbies allerorten schwieriger zu werden beginnt, halte ich diese Forschungsrichtung für aktueller als je zuvor.
Dies ist natürlich nicht allein auf United beschränkt, sondern für viele Spiele anwendbar, bei denen nicht die direkte Interaktion der Spieler untereinander das wesentliche Element ausmacht.
Konkret bei United liegen aufgrund der vorhandenen Software (UNITED/XY, USW und TEAMCHEF) die größten Erfahrungen in diesem Bereich vor; Peter Rau und ich diskutieren in unregelmäßigen Abständen immer mal wieder über die eierlegende Wollmilchsau, die alles ist und alles kann und insbesondere United als ftf-Spiel ermöglichen sollte, weil das Programm hinreichend viele Vereine als Gegner automatisch führen könnte. Es gibt viele weniger anspruchsvolle Fußballsimulationsspiele als United - ein United-Computerspiel könnte für viele Spieler attraktiv sein, die bisher noch gar kein United kennen.

Der volldigitale GM

Während es eigentlich trotz der neuzeitlichen Reizüberflutung unserer Gesellschaft immer noch genügend Spieler geben sollte, wenn man nur gründlich genug auf der ganzen Welt danach suchen würde, ist die Suche nach kompetenten, verantwortungsbewußten, zuverlässigen Spielleitern mit hinreichend viel Zeit und hinreichend wenig sonstigen Verpflichtungen nicht ganz so einfach. Erste Bürgerpflicht für jeden Programmierer der pbm-Szene sollte also die Unterstützung der GMs und deren Entlastung von lästigen Routinepflichten sein - genau das leisten die meisten existierenden Auswerteprogramme bisher schon.

Bei vielen Spielen gibt es darüberhinaus interessante und anspruchsvolle Teile der Auswertung, die ein Spielleiter sinnvollerweise immer noch selbst vornehmen sollte oder die er sich von einem Programm vielleicht gar nicht abnehmen lassen wollen würde. Solange ich mich darum kümmern muß, vernünftige Kommentare zu den Spielen meines United-Ligasystems zu schreiben, weil das zum Flair einer Auswertung einfach dazu gehört, muß ich mich mit den Ereignissen dieses Ligasystems hinreichend intensiv beschäftigen, um keinen völligen Blödsinn darüber zu schreiben, und habe dann das angenehme Gefühl, diese Partie wirklich zu 'leiten'.
Bei der gerade abgeschlossenen Kapitalisten-RangeWar-Partie MUH! hatte ich verschiedentlich schon das ungute Gefühl, die Partie nur noch abzuwickeln. Für diese Partie reichte das, weil nach der Herausgabe des Regelheftes nicht mehr viel zu beeinflussen war, aber eine echte Zufriedenheit hinterläßt diese Partie bei mir schon nicht mehr.

Bei Spielen, die weniger oder gar kein 'Eigenleben' entwickeln, sondern lediglich relativ mechanisch auszuwerten sind - wie das bei all meinen 'kleinen' Spielen mehr oder weniger der Fall ist - würde es hingegen ausreichen, wenn ein Programm die Partie völlig selbständig verwalten würde. Bisher ist es noch Aufgabe des Spielleiters, die Briefe zu öffnen, die Zettel nach Partiename zu sortieren, die Züge einzutippen und das Ergebnis in Form einer HTML-Datei ins richtige Verzeichnis zu kopieren und halbwegs schön formatiert auszudrucken.

Wenn man allerdings eine digitale Übermittlungsmethode bei der Zugabgabe voraussetzen kann, dann ist man schon mal das Öffnen der Briefe, das Sortieren und das Eintippen los. Daß die Züge in einem passenden Format kommen, kann man mit Hilfe entsprechender Eingabesoftware sicherstellen, welche an die Spieler verteilt oder auf der Homepage zum Download bzw. der Online-Benutzung bereitgestellt werden könnte.
Hinzu kommt die neue Anforderung, die Authentifizierung der Person des Spielers sicherzustellen - hierfür sind entsprechende Erkenntnisse aus vergleichbaren Anwendungen, etwa dem Telebanking, übernehmbar. Im einfachsten Falle reicht es, wenn jeder Spieler bei seiner Anmeldung ein Passwort definiert, welches entweder von einem Spielleiter bei der Initialisierung der Partie oder sogar von einer formularbasierten Dialoganwendung im Datenbestand des Auswerteprogramms hinterlegt wird.
Die Ausgabe der Ergebnisse in HTML ist bei meinen Programmen bereits vorhanden; ein Programm auf einem Serverrechner zu installieren, welches zu einem bestimmten Zeitpunkt periodisch automatisch gestartet wird, zuerst den Zugeingabemechanismus blockiert, danach anhand der vorliegenden Züge automatisch eine Auswertung in HTML-Dateien ausgibt und abschließend die Sperre wieder aufhebt, ist durch die Existenz des cron-Daemons auf UNIX-Rechnern lediglich eine Frage der Berechtigungen, die man auf dem Serverrechner vom Systemadministrator zugestanden bekommt.
Alternativ kann man einen separaten Rechner aufstellen, der automatisch nachts ein Programm startet, das via Modem alle Mails von einem Provider abholt und diese anhand des Subject-Inhalts verschiedenen Nachverarbeitungen zuführt - das machen wir sogar im Büro hier. Diese Nachverarbeitung muß dann bloß eine Zugeingabedatei generieren (z. B. den Inhalt der Mail hinten anhängen), ein Auswerteprogramm starten und die von diesem generierten HTML-Seiten per programmierbarem FTP-client wieder ins WWW stellen. Die Bausteine dafür sind alle bereits vorhanden.
Es sieht so aus, als wären wir gar nicht mehr so arg weit entfernt davon, eine Partie ganz ohne menschlichen Spielleiter durchführen zu können - was mich auch schwer wundern würde, weil dieses Verfahren in der Diplomacy-pbem-Szene (JUDGE) längst gang und gäbe ist.

Ein Spiel mit möglichst einfachen Regeln, etwa Turnierfußball, würde sich dafür anbieten, einen ersten eigenen Feldversuch zu starten; Mitspieler hierfür könnte man in der gesamten noch existierenden pbm-Szene zu requirieren versuchen. Wenn das in einem Fall funktioniert, dann wird es in den meisten Fällen funktionieren - das Problem läßt sich dann auf das Teilproblem zurückführen, überhaupt ein Auswerteprogramm für das betreffende Spiel schreiben zu können. Was in vielen Fällen zunächst einmal die Glättung der bestehenden Spielregel und die Stopfung unzähliger Löcher in derselben erfordern würde - deshalb ist United mit seinen (bisher noch erlaubten) natürlichsprachlichen Bedingungen derzeit kein wirklich tauglicher Kandidat.

Pekuniäres

Ein traditioneller Grund für die Bündelung von Auswertungen zu einem Zine kann sich im Einzelfall auch gegen die Partien eines solchen warehouse zine richten: Wann immer sich ein potenzieller Teilnehmer z. B. für die Partie AUFSTIEG interessiert, muß ich ihm als Allererstes erzählen, daß diese Auswertung in einem Heft erscheint, welches ihn monatlich 5.- DM und mehr kosten wird. In der Vergangenheit haben daher diverse Herausgeber mit der Idee der modularen Herausgabe eines Zines gespielt, diese aber fast immer aufgrund des erheblichen Zusatzaufwandes bei der Verwaltung (Kontoführung, separate Auflage pro Teil bei der Herstellung, Vervielfachung des 4n-Seiten-Problems usw.) schnell wieder eingestellt.
Andererseits gab es in der Vergangenheit mehr Vielspieler als heute, die ein warehouse zine mit zentralem Zugversand als sehr praktisch empfunden haben - bei nachlassendem Spieleifer wird die praktische Selektion der Partien durch den Spieler immer wünschenswerter.

Hier bieten die neuen Medien erhebliche zusätzliche Möglichkeiten. Das geht schon mal mit den Kosten los. Sicherlich ist ein Internetzugang nicht umsonst (von PC-Kosten und den laufenden Telefongebühren ganz zu schweigen), aber das ist ein Telefonanschluß auch nicht, und trotzdem hat ihn praktisch jeder, weil man ihn heutzutage als unverzichtbaren Bestandteil seiner Lebensqualität versteht.
Betrachtet man den PC und den Internetzugang (welcher heute bereits weniger kostet als der Telefonanschluß) ebenso und rechnet für die pbm-Aktivitäten nur noch das Senden bzw. Empfangen von Mail bzw. das (dann hoffentlich kurze) Surfen auf der Homepage eines Zines (moderne Browser können z. T. bereits Seiten 'abonnieren', d. h. beim Verbindungsaufbau zum WWW automatisch auf den Rechner herunterladen, so daß man diese nicht mehr selbst mühsam zusammensuchen muß), dann wird das 'digitale Amtsblatt' sicherlich deutlich billiger als das papierne.
Dasselbe gilt für das anfallende Porto beim Versand der Züge - und wer behauptet, das seien doch alles Pfennigbeträge, über die wir als überwiegend Berufstätige gar nicht reden müßten, der möge einerseits nicht Schüler, Auszubildende/Studenten und Arbeitslose übersehen und mir andererseits die Existenz des ZZV erklären.

Ganz nebenbei fallen nicht nur die Kosten weg, sondern gleichzeitig auch der Aufwand zur Verwaltung dieser Kosten durch den Herausgeber - und das Risiko, ausstehende Beträge abschreiben zu müssen. (Beispielsweise sind zwei THORUS-Spieler noch mit zusammen DM 20.- bei mir in den Miesen, obwohl die Partie seit einem halben Jahr beendet ist.) Die Verwaltung der Partien, die ein Abonnent auf digitalem Wege beziehen will, reduziert sich auf das einmalige Eintragen seines Namens (d. h. des Verweises auf seine Mail-Adresse) in eine Verteilerliste mit dem Namen der Partie.

Kompatibilität

Dies alles mag so klingen, als ob Spieler, die nicht mit der Zeit gehen und nicht bereit sind, sich die neueste technische Ausrüstung anzuschaffen, ausgegrenzt werden könnten. Genau das ist natürlich nicht der Sinn der Sache.

Schon heute kann man am Beispiel von United sehen, wie die Anwender von TEAMCHEF sich selbst und dem Spielleiter die Arbeit erleichtern, so daß letzterem genügend Zeit bleibt, auch ein paar altmodische handgeschriebene Züge zu verkraften (auch wenn dort die Fehlerquote der Manager im Schnitt wahrscheinlich deutlich höher sein dürfte). Auch würde ich eine pbm-Partie Turnited mit mehr als 100 Teilnehmern, wie sie am Stand der Spielemesse Essen in früheren Jahren die Norm war, sicherlich großartig finden, aber nicht so wahnsinnig gerne alle paar Wochen 100+ Züge eintippen müssen; wenn jedoch eine automatische Zugeingabeschnittstelle von 80 Teilnehmern dazu genutzt würde, deren Züge automatisch in die Konfiguration des Auswerteprogramms einzutragen, wäre die manuelle Eingabe der restlichen 20 Züge zeitlich viel leichter zu verkraften.

Alte und neue Technologien können und müssen nebeneinander existieren - es darf kein Argument gegen den Einsatz adäquater Mittel sein, daß nicht alle Teilnehmer gleichermaßen davon profitieren können, wenn der Effekt in der Summe den Einsatz immer noch mehr als wert ist.

Schlußwort

Vieles von dem, was ich hier geschrieben habe, klingt so, als würde ich lieber heute als morgen die Papiervariante des Amtsblatts einstampfen und durch die digitale Zukunft ersetzen wollen. Dem ist nicht so: Vieles funktioniert heute noch nicht so, wie es vernünftigerweise funktionieren sollte. Gerade das Wettrennen im Marktverdrängungskampf zwischen Micro$oft und Netscape hat zwar die Entwicklung des WWW in vielerlei Hinsicht vorangebracht, andererseits aber einigen Schaden angerichtet und die Welt mit zwei nicht ganz kompatiblen Browsern, Java und ActiveX und anderem mehr beglückt, so daß vieles nun etwas schwieriger ist, als es hätte sein sollen.

Das darf in unserer schnellebigen Zeit allerdings nicht bedeuten, daß wir das Medium Internet frohgemut ignorieren sollten. Ganz im Gegenteil: Vieles von dem, was wir uns heute noch nicht vorstellen können, wird in wenigen Jahren Realität sein. Man möge nicht vergessen, daß das World Wide Web als graphische Benutzeroberfläche des Internet erst seit gut fünf Jahren existiert! Das Amtsblatt ist fast viermal so alt - und seine Macher-Crew besteht im Kern seit seiner Gründung immer aus Informatikern, denen der Weg in die digitale Zukunft um so leichter fallen sollte.

Die Aufbruchsstimmung, die im Internet an vielen Stellen zu erkennen ist, erinnert mich an die längst vergangene Zeit, in der die Amtsblatt-Abonnenten noch gierig in den Spieleladen stürmten und nach der Auswertung lechzten. Der Geist der Kooperation, das selbstlose Beitragen zu einer großen Gesamtidee hat das Internet zu dem gemacht, was es heute ist - und ich gehe davon aus, daß das gerade eingeläutete Zeitalter des eCommerce (das IBM-Logo mit dem e-alpha wird das Intel-Logo an Bekanntheitsgrad bald erreicht haben) an der real existierenden Anarchie in der weltweiten Informationsgesellschaft nichts mehr wird ändern können.
Besonders begeistern mich die zahlreichen Ausbrüche von Vernunft, die dadurch zum Ausdruck kommen, daß über viele Ideen, Normen, Konventionen usw. öffentlich und kompetent diskutiert wird (Internet-Normen werden zunächst als 'request for comment' veröffentlicht), statt daß irgendwer aufgrund obskurer (meist kommerzieller) Eigeninteressen im stillen Kämmerlein irgendwas erfindet und in Stein meißelt.
Das ist es, was mich ins Internet gezogen hat und heute dort festhält: Ich habe das Gefühl, bei etwas dabeisein zu können, was der Gründung der pbm-Szene sehr ähnlich ist. Diese Idee und diese Begeisterung zu vermitteln war sicherlich ein Grund für diesen Artikel.

Die Basar-Methode zur Erstellung von Software (alle Leute dürfen weltweit etwas dazu beitragen, eine Gruppe besonders engagierter Koordinatoren sorgt dafür, daß die gemeinsamen Anstrengungen kanalisiert werden, das Produkt gehört am Ende allen und niemandem zugleich - so etwa haben die GNU-Leute ein vollständiges UNIX-Betriebssystem mit hervorragenden Programmen erstellt, das jeder kostenlos benutzen kann) gipfelt in der Erkenntnis: "Wenn die Anzahl der Programmtester groß genug ist, dann ist jeder Fehler leicht zu finden." Das ist die Einstellung, mit der man ein Problem angehen sollte: Alles ist machbar, man muß es nur wollen.

Wollen wir?